Papparazzi
Ich gehe. Gehe durch Straßen, an Baustellen vorbei, durch eine Stadt im Dämmerschlaf. Bald erreiche ich den Stadtrand. Es ist hell geworden, ich gehe an Wiesen und Feldern vorbei, auf ihnen sehe ich Menschen. Weit entfernt auch meinen ehemaligen stellvertretenden Chef ohne Bart. Ich erkenne ihn trotzdem sofort. Ich halte nach etwas oder jemandem Ausschau und gehe weiter bis zu einem Haus. Hier steige ich eine etwas dunkle Treppe empor. Dabei bemerke ich zufällig, daß ständig neben mir auf gleicher Höhe ein kleiner Mann läuft und mich ununterbrochen von der Seite anstarrt. Er wirkt unauffällig, fast unscheinbar, und ich frage mich, warum er mich dauernd anglotzt. Doch dann sehe ich auch den ebenso unscheinbaren braunen Kasten in seinen Händen, den er immer vor sich her hält. Ah, er fotografiert oder filmt mich! Ich verstehe zwar nicht, was das soll und was er sich davon verspricht, bleibe ansonsten aber relativ gleichgültig. Allerdings muß ich jetzt wohl darauf achten, was ich ich mache und wie ich mich bewege, oder? Erstmal steige ich weiter die Treppe empor bis ich den Eingang zu einem kleinen Museum erreiche. Schon im Vorraum des Museums hängen undefinierbare Gegenstände, vielleicht irgendwelche Ritualgegenstände fremder Völker. Doch der Mann neben mir hört nicht auf zu knipsen oder zu filmen und das verwirrt mich. Statt mich auf das Museum zu konzentrieren, achte ich mehr auf ihn und lächle ihn etwas unsicher an, bzw. in die Kamera. Genau das macht ihn aber ärgerlich. Er gibt mir unmißverständlich zu verstehen, daß er mich so nicht in einem Museum fotografieren könne. Ich solle mich also ernst und gesetzt benehmen, wie es sich in einem Museum gehört, nicht lachen und nicht auf ihn achten. Na gut. Ich wende mich den Ausstellungsstücken zu und versuche mich völlig ernst darauf zu konzentrieren. Anfangs finde ich das noch irgendwie albern, so albern, daß ich mich gar nicht konzentrieren kann, sondern mir immer wieder ein Kichern entwischt. Doch je länger ich die ernste, gesetzte und interessierte Maske übe, um so mehr scheint sie mir ins Blut überzugehen, bis aus dem gespielten, ernsten Interesse wirkliches Interesse wird. Fast scheint es schon ein Teil meiner Persönlichkeit zu sein, zumindest kann ich nicht wirklich mehr unterscheiden, ob das nun Spiel oder Ernst ist.
Träume vom Fotografieren - Mittwoch, 29. April 2009, 15:18
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