Luzide Flugübung
Umherwandernd in der alten elterlichen Wohnung, erlebe ich auf einmal einen Moment völliger Klarheit und Erkenntnis. Es ist nicht mehr auszumachen, was dazu geführt hat, aber sofort bin ich mir des Traumes bewußt und weiß, daß ich nun den Traum lenken und alles tun kann, was ich möchte. Spontan fällt mir das Fliegen ein. Ich bin lange nicht mehr geflogen. Kaum habe ich das gedacht, schwebe ich auch schon an die Decke. Die unterstützenden Ruderbewegungen mit den Armen brauche ich fast gar nicht. Hui, das fühlt sich gut an. Unter der Decke entlang fliege ich etwas umher, bis mich plötzlich eine Sturmböe erfaßt und an die Wand schleudert. Dagegen anzufliegen ist fast unmöglich. Wo kommt der Wind eigentlich her? Irgendjemand muß die Türen aufgelassen haben. Es gelingt mir, gegen den Windstrom in das Wohnzimmer zu fliegen, ein Durchgangszimmer mit zwei Türen. Beide stehen offen. Wenn ich die hintere schließe, dürften die heftigen Zugwinde ausgesperrt sein. Als das erledigt ist, bin ich wieder auf dem Boden angelangt und gehe zurück in die Diele. Die Schlafzimmertür steht offen und ein rotes Kleid hängt seitlich auf einem Bügel daran. Ich schaue hinein und rufe nach meiner Mutter, aber es antwortet niemand. Also ist sie wohl doch nicht anwesend. Inzwischen überlege ich, was ich weiter mit diesem luziden Traum anfange. Ich könnte telefonieren und A. anrufen. Zwar weiß ich nicht, wo ich hier in der Wohnung ein Telefon finde, aber es müßte ja bei voller Kontrolle auch einfach herbeizuzaubern sein. Auf dem Fußboden der Diele sitzend, konzentriere ich mich auf ein Telefon. Trotzdem will keines erscheinen. Dann erinnere ich mich an die Technik des Imaginierens. Ich stelle mir vor, ich hätte ein Telefon, wähle auf ihm eine Nummer und spreche irgendetwas in den unsichtbaren Hörer. Jetzt steht tatsächlich ein schwarzes Telefon vor mir. Doch ich habe vergessen, was ich eigentlich damit wollte und rede weiter laut mit mir selbst. Da kommt aus der Schlafzimmertür eine Gestalt mit einer schwarzen Till-Eulenspiegel-Haube heraus, welche nur einen kleinen runden Ausschnitt für das Gesicht freiläßt. Ich brauche etwas länger, um sie zu erkennen. Es ist eine Kollegin, in Bürokreisen liebevoll "Hexe" genannt, die munter auf mich zuspringt und mich umarmt. Sofort schnattern wir beide durcheinander, wie es uns geht und wo wir herkommen. Für einen kurzen Moment ist es, als sei ich sie und könnte spüren, wie unangenehm der obere Rand der Kappe beim Reden immer über die Augen rutscht. Das aufgeregte Geschnatter geht ohne sinnvolle Information weiter und ich erwache.
Flugträume (Luft) - Samstag, 7. Januar 2012, 12:15
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