Samstag, 17. September 2011

Fordernde Katze und mangelnde Privatsphäre

Der Ort, an dem die Eltern meines Freundes oder meiner Freundin leben, gleicht einen Trümmerberg. Über einem unwegsamen Gelände aus angehäuften Trümmern, befinden sich einige halbwegs intakte Räume. Ich bin hier zu Besuch und lerne auch sogleich die Mutter kennen. Ihre schulterlangen dunklen Haare mit wenigen grauen Strähnen sind zu einem Zopf gebunden, als sie direkt auf mich zukommt. Ihr Alter würde ich auf Mitte Fünfzig schätzen. Ohne Umschweife und Begrüßung fragt sie mich, wie ich mit meiner Brustkrebserkrankung klar komme. Mein Blick fällt auf ihren grauen Pullover, unter dem sich nur eine einzige Brust abzeichnet. Die andere, die rechte Brust wurde amputiert, da sie dieselbe Krankheit hatte. Ich meine mich zu erinnern, daß man mir gesagt hätte, sie würde nicht gerne über ihre Erkrankung sprechen. Ihre offensive Frage erstaunt mich deshalb ein wenig. Und was soll man darauf antworten? Wieweit kann man damit klar kommen oder nicht klar kommen, wenn man sowieso keine Wahl hat? Hm....ganz gut....ja, antworte ich. Dann setze ich mich zu ihr und einem anderen Familienmitglied in das Wohnzimmer. Neben meinem Stuhl fällt mir eine weiße Katze auf. Spontan beginne ich sie zu streicheln, was die Katze auf den Gedanken bringt, mich ganz für sich zu vereinnahmen, indem sie auf meinen Schoß springt und meine Hand sowohl mit spitzen Krallen als auch spitzen Zähnen festhält, um immer neue Streicheleinheiten von mir zu fordern. Aua!

In einem Hotel oder einer Pension entbrenne ich in wilder Leidenschaft zu einem fast mannshohen Teddybären. Wenn er mit seinem großen Teddybärenkopf auf mir liegt und ich mein Gesicht in sein flauschiges Fell drücke, ist es, als wäre ich in einer weichen und warmen Höhle geborgen. Das macht mich ungeheuer an. Ich beginne deshalb zu masturbieren, unterbreche aber schnell wieder, weil mir einfällt, daß mir durch das Fenster wahrscheinlich jeder beim Teddybärchensex zusehen könnte. Und das wäre doch äußerst peinlich. Also stehe ich auf und untersuche die Lamellenvorhänge am Fenster, in der Hoffnung, sie irgendwie blickdicht schließen zu können. Währenddessen knallt die Tür auf und mein früherer und erster Bereichsleiter stürmt mit einer Klientin herein. Schlagartig wird mir bewußt, daß ich nur ein Nachthemd trage und keine Perücke. Eigentlich würde ich gerne im Erdboden versinken, aber bemühe mich trotzdem, mit gespielter Selbstverständlichkeit und Souveränität durch die Situation zu kommen. Aber eigentlich könnte man vorher ja auch mal anklopfen! Der Bereichsleiter will von mir, daß ich den Antrag der Klientin bearbeite und ihr helfe. Anscheinend soll sie sogar in der anderen Doppelbetthälfte meines Zimmers schlafen. Hallo gehts noch? Was ist mit meiner Privatsphäre? Und überhaupt bin ich hier nicht, um zu arbeiten! Trotzdem füge ich mich. Einmal kann man ja aushelfen, wenn es denn so dringend sein muß. Als ich durch das Zimmer auf die Frau zugehe, fällt mein Blick im Vorbeigehen auf einen bodenhohen Wandspiegel. Darin sehe ich vorwitzige tizianrote Haarsträhnen sich um meinen Nacken schlängeln und im gedämpften Licht seidig glänzen. Ich bin erstaunt, wie lang meine Haare so schnell geworden sind. Das sieht ja weniger schlimm aus, als ich dachte. Die Klientin lasse ich ein paar Papiere unterschreiben und mein Bereichleiter beginnt sich indessen den Bart zu rasieren. "Sie kommen doch wieder zu mir.." mehr Frage als Feststellung, sagt er und schaut mich hoffnungsvoll an. Damit meint er wohl in seinen Bereich, wenn ich arbeitsfähig bin. Ich antworte nicht, denn insgeheim bin ich verärgert. Wer will sich schon freiwillig solche Überfälle gefallen lassen? Ich betrachte sein Gesicht etwas genauer. Während die eine Hälfte des Bartes noch unter weißem Rasierschaum steckt, ist auf der anderen Seite des Gesichts ein kunstvoll und großzügig gezwirbelter Musketier-Bart zu erkennen.

Bemerkung: Mein früherer Bereichsleiter war in der Tat ein Schaumschläger.

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~Ich träumte, ich sei ein Schmetterling, hin und her flatternd, mit allen Absichten uns Zielen eines Schmetterlings. Plötzlich erwachte ich, und lag da wieder ich selbst. Nun weiß ich nicht, war ich ein Mensch, der träumte, er sei ein Schmetterling, oder bin ich ein Schmetterling, der jetzt träumt, er sei ein Mensch?~ (Tschuangtse, chinesischer Philosoph)

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